Migration
«Völlig zerbombtes Damaskus»: Wadephul hält an Einschätzung fest
20.11.2025, 11:02
Deutschlands Außenminister Johann Wadephul hält auch nach Kritik innerhalb seines christdemokratischen Lagers an seiner Einschätzung der Lage in dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Syrien fest.
Sein Satz, dass die Rückkehr an zerstörte Orte in der Hauptstadt Damaskus kurzfristig nur sehr eingeschränkt möglich sei, «ist das Mindeste, was man an der Stelle sagt, und dabei bleibe ich auch, weil es meine nüchterne Analyse ist», sagte der Politiker der Union (CDU und CSU) von Kanzler Friedrich Merz beim Wirtschaftsgipfel der «Süddeutschen Zeitung». «Das ist meine Einschätzung dort, und wer das anders sieht, der müsste dort entsprechend argumentieren und auch Fakten nennen. Aber es ist leider so, wie es ist.»
Ende Oktober hatte Wadephul beim Besuch einer schwer verwüsteten Vorstadt von Damaskus angezweifelt, dass angesichts der massiven Zerstörung kurzfristig eine große Zahl syrischer Flüchtlinge freiwillig dorthin zurückkehren werde. «Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben», sagte er. Eine Woche später soll er in einer Sitzung der Bundestagsfraktion der Union nach Angaben mehrerer Teilnehmer gesagt haben, Syrien sehe schlimmer aus als Deutschland 1945. Auch diese Aussage zog massive Kritik nach sich.
Die Merz-Regierung will nach dem Sturz des langjährigen syrischen Machthabers Baschar al-Assad vor fast einem Jahr durch die Islamistenmiliz HTS wieder in das ehemalige Bürgerkriegsland abschieben.
Rund 1,22 Millionen Menschen mit syrischer Einwanderungsgeschichte lebten laut Mikrozensus 2024 in Deutschland. Entweder sie selbst (81 Prozent) oder ihre beiden Elternteile waren eingewandert (19 Prozent). 24 Prozent von ihnen hatten die deutsche Staatsbürgerschaft. Nach Angaben des deutschen Innenministeriums waren im August 920 Menschen aus Syrien in Deutschland ausreisepflichtig und hatten keinen Duldungsstatus.
Wadephul sagte nun, er sei «durch ein völlig zerbombtes Damaskus gefahren». Er habe sich schildern lassen, wie die tatsächliche Situation dort sei. Es gebe keine Elektrizität, kein Wasser, kein Abwasser. Andere Städte wie Homs und Aleppo seien noch viel zerstörter, es habe Flächenbombardements durch Russland und Assads Truppen sowie Giftgaseinsätze gegeben. Es gebe jede Menge Blindgänger dort. Das erinnere an die Bilder nach dem Zweiten Weltkrieg. «Man darf doch die Empathie und den Blick für die Wirklichkeit nicht verlieren.»
«Wir müssen auch ein bisschen Druck ausüben»
Wadephul sagte, die deutsche Regierung helfe, damit der Wiederaufbau, den in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg Trümmerfrauen gemacht hätten, dort auch Trümmermänner und Trümmerfrauen mit deutscher Hilfe machten. Aber die Syrer müssten auch motiviert werden, dort an die Arbeit zu gehen. «Wir müssen auch ein bisschen Druck ausüben.» Das gelinge aber nur, wenn es in angemessener Art gemacht werde. Es sei der Wille der syrischen Regierung, viele in das Land zu bekommen. «Syrien ist ein tolles und diverses Land.»
Wadephul betonte, es sei klar, dass Straftäter und Gefährder zurückgeführt würden, und diejenigen, die es nach vielen Jahren nicht geschafft hätten, die deutsche Sprache zu lernen, eine Ausbildung zu machen und in einen Erwerbsprozess hineinzukommen, nicht dauerhaft durch den deutschen Steuerzahler finanziert würden. Aber es gebe auch viele Syrerinnen und Syrer, die sich hervorragend in die deutsche Gesellschaft eingebracht hätten.
Vor dem EU-Außenministertreffen in Brüssel betonte Wadephul, dass es bei dem Thema eine «völlig einheitliche Position» innerhalb der Bundesregierung gebe. «Man kann mit der Lupe suchen, aber es gibt keine Unterschiede der Position, was die Rückführung von Syrerinnen und Syrern angeht, zwischen dem Bundesinnenminister und mir, zwischen dem Bundeskanzler und mir. Wir lesen von einem Blatt», sagte der Außenminister.