Innenministerkonferenz

Tempo im Zivilschutz - Schutz vor Gewalt

13.06.2025, 15:01

Die zurückliegende Innenministerkonferenz blieb wegen des Bundestagswahlkampfs relativ ergebnislos. In Bremerhaven, wo diesmal nur Minister der aktuellen Regierungsparteien tagen, ist die Lage anders.

Die Innenminister von Bund und Ländern haben bei ihrer Frühjahrskonferenz Beschlüsse zum Gewaltschutz und dem Umgang mit hybriden Bedrohungen gefasst. «Wir sind geeint. Wir sind handlungsfähig», sagte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), Bremens Innensenator Ulrich Mäurer, zum Abschluss des dreitägigen Treffens in Bremerhaven. Es war die erste Innenministerkonferenz (IMK) nach Bildung der neuen Bundesregierung. Eine Auswahl der Themen: 

Einigkeit beim Thema Migration

Trotz rechtlicher Bedenken einiger SPD-Politiker (Sozialdemokraten) gab es keinen Streit über die von Bundesinnenminister Alexander Dobrindt angeordnete Zurückweisung von Asylsuchenden. Diese seien Teil eines Maßnahmenpakets, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Die Bundesregierung sei dabei, einen «Normalzustand herzustellen». Ziel sei, eine Überlastung der Kommunen durch ungesteuerte Zuwanderung zu verhindern und stärker auf die Bedürfnisse der eigenen Bevölkerung zu schauen. 

Hamburgs Innensenator Andy Grote sagte, man sei sich einig, dass die getroffenen Maßnahmen zur Steuerung und Begrenzung der Migration erfolgreich seien. Zusätzlich helfe die Entwicklung in Syrien, einem der Hauptherkunftsländer von Asylsuchenden, wo vor einem halben Jahr Langzeit-Machthaber Baschar al-Assad gestürzt wurde. Mit Blick auf den jüngsten Rückgang bei der Zahl der neuen Asylanträge sagte er: «Die rückläufigen Zahlen helfen.»

Umsetzung des europäischen Asylrechts 

Die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) sollte aus Sicht der Innenministerkonferenz (IMK) zügig in Deutschland umgesetzt werden. Dabei sollten die Länder eng eingebunden werden, forderten die Innenminister der Länder. Das Bundesinnenministerium sagte eine enge Abstimmung zu. Es verwies jedoch darauf, dass die Registrierung von Schutzsuchenden im Inland Aufgabe der Länder sei. Die GEAS-Reform sieht unter anderem für einen Teil der Asylbewerber Verfahren an den Außengrenzen vor. Sie gibt den Mitgliedstaaten für die Umsetzung eine Frist bis Juni 2026.

Hybride Bedrohung - vor allem durch Russland

Zur Eindämmung sogenannter hybrider Bedrohungen sind weitere Koordinierungsmaßnahmen zwischen Bund und Ländern auf Ebene der Staatssekretäre geplant. Im Herbst soll es ein Lagebild geben. Es sei wichtig, «dass wir hier ins Machen kommen», sagt Thüringens Innenminister Georg Maier. Sein Bundesland sei ein «Hotspot» für Ausspähversuche und Sabotage, dazu zählten Anschläge auf Funkmasten und ein Stellwerk der Bahn. Unter hybriden Bedrohungen versteht man koordinierte, oft verdeckte Operationen staatlicher und nicht staatlicher Akteure - mit dem Ziel, einen anderen Staat zu schädigen beziehungsweise zu destabilisieren, ohne die Schwelle zum Krieg zu überschreiten.

Elektronische Fußfessel für gewalttätige Ex-Partner

Beim Schutz von Frauen vor Gewalt sollen künftig elektronische Fußfesseln für die Täter helfen. Um dafür die technischen Voraussetzungen zu schaffen, beschlossen die Minister, dass die Kapazitäten der Gemeinsamen elektronischen Überwachungsstelle der Länder in Hessen ausgeweitet werden sollen. 

Geplant ist der Einsatz nach dem sogenannten spanischen Modell: Männer, die ihre Ex-Partnerin schlagen und bedrohen, können dann nach einer gerichtlichen Anordnung zum Tragen einer elektronischen Fußfessel gezwungen werden. Damit kann der Abstand zwischen Täter und Opfer überwacht werden. Wenn sich der Täter mit der Fußfessel dem Opfer nähert, wird bei der Polizei Alarm ausgelöst und das Opfer erhält einen Warnhinweis.

Der Beschluss ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zur Umsetzung. Die Bundesregierung hat bereits eine Gesetzesänderung angekündigt. 

Besserer Zivilschutz

Die Innenministerkonferenz hat sich vorgenommen, die Vorsorge zum Schutz der Bevölkerung im Spannungs- oder Kriegsfall zu verbessern. Teil einer glaubhaften Abschreckung seien widerstandsfähige zivile Strukturen und eine abwehrfähige Gesellschaft, heißt es in einem Beschluss der Innenminister von Bund und Ländern. Der Bund müsse hierfür in Abstimmung mit den Ländern die notwendigen Konzepte entwickeln und entsprechende Finanzmittel bereitstellen. 

Zu den erforderlichen Maßnahmen zählten eine Notstrom-Reserve für den Fall langanhaltender flächendeckender Stromausfälle und zusätzliche Kapazitäten zur Brandbekämpfung in munitionsbelastetem Gebiet. Erforderlich sei auch der weitere Auf- und Ausbau eines effizienten, modernen Sirenennetzes. 

Das Bundesinnenministerium hielt in einer Protokollnotiz zu dem Beschluss fest, alle künftigen Maßnahmen des Bundes im Zivil- und Bevölkerungsschutz stünden - auch mit Bezug auf das Sondervermögen - unter Haushaltsvorbehalt. Die Länder sind in Deutschland für den Katastrophenschutz zuständig. Der Bund trägt die Verantwortung für den Zivilschutz im Spannungs- und Verteidigungsfall.

Umgang mit der AfD

Die Einstufung der AfD (Alternative für Deutschland) als gesichert rechtsextremistisch durch den Verfassungsschutz hat im Kreis der Innenminister Diskussionen über den Umgang mit der Partei und ihren Mitgliedern im Staatsdienst ausgelöst. 

Gegen die Einstufung setzt sich die Partei mit einem Eilantrag zur Wehr. Bis zu einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln hat der Inlandsgeheimdienst die neue Einstufung auf Eis gelegt und führt die AfD weiter als Verdachtsfall.

«Wer in den öffentlichen Dienst eintritt, muss die Gewähr bieten, jederzeit für unsere freiheitlich demokratische Grundordnung einzutreten», sagte Hamburgs Innensenator Grote. Bei wem es daran begründete Zweifel gebe, der könne auch nicht in den öffentlichen Dienst aufgenommen werden. Die Frage stelle sich natürlich bei Angehörigen einer gesichert rechtsextremistischen Organisation oder Partei. Grote sagte: «Das bedeutet, dass kein AfD-Mitglied sich sicher sein kann, ob es in Zukunft noch in den öffentlichen Dienst eintreten kann.» 

Dobrindt sagte, man habe vereinbart, eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe einzurichten - für den Fall, dass die Einstufung als rechtsextremistisch gerichtlich bestätigt werde. Es gehe um eine gemeinsame Bewertung, wie sich dies gegebenenfalls auf den öffentlichen Dienst auswirke, auf den Waffenbesitz und die Sicherheitsüberprüfungen.

Umgang mit psychisch auffälligen Gewalttätern

Die Innenminister von Bund und Ländern wollen das Risiko für Gewalttaten durch psychisch kranke Personen reduzieren. Dafür müssten die Erkenntnisse von Gesundheits- und Sicherheitsbehörden besser zusammengebracht werden, sagte Dobrindt.

Nach dem Beschluss der Innenministerkonferenz für ein einheitliches «Risikomanagement» wollen die Länder ihre jeweiligen Gesetze, die die Unterbringung und Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen regeln, ändern. Ziel sei, auch unterhalb der Schwelle einer Unterbringung, die nur unter hohen Voraussetzungen möglich ist, etwa eine verpflichtende Medikamenteneinnahme beziehungsweise die Annahme von Therapieangeboten anordnen zu können.

«Wir erleben in Deutschland eine Zunahme von schweren Gewalttaten durch psychisch kranke Personen, deren Gefahrenpotenzial den Sicherheitsbehörden häufig nicht oder nur unzureichend bekannt ist», sagte Grote. Mehrfach sei nach solchen Taten festgestellt worden, dass es zu den Tätern Erkenntnisse in einzelnen Bundesländern gab. Für eine wirksame Prävention müssten solche Daten weitergegeben werden.