Literatur

Serhij Zhadan bekommt Friedenspreis des Deutschen Buchhandels

27.06.2022, 14:03

Die angesehene Auszeichnung erhält in diesem Jahr eine wichtige literarische Stimme aus dem Kriegsland Ukraine. Geehrt wird Serhij Zhadan für sein künstlerisches Werk und sein humanitäres Engagement.

Der ukrainische Schriftsteller, Übersetzer und Musiker Serhij Zhadan erhält den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels 2022. Das teilte der Stiftungsrat am Montag in Frankfurt am Main mit. Geehrt werde der Autor «für sein herausragendes künstlerisches Werk sowie für seine humanitäre Haltung, mit der er sich den Menschen im Krieg zuwendet und ihnen unter Einsatz seines Lebens hilft», hieß es zur Begründung.

Der 47-jährige Zhadan gehört zu den wichtigsten Stimmen der ukrainischen Gegenwartsliteratur. Er lebt nach Angaben des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels bis heute in Charkiw. Er berichtete in den vergangenen Monaten auch für deutsche Medien über die Entwicklungen im Krieg.

Zhadan wertete die Verleihung des Friedenspreises des deutschen Buchhandels an ihn im laufenden Krieg als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine. «Ich danke den deutschen Verlegern und Buchhändlern für den diesjährigen Friedenspreis. Es ist sehr wichtig, dass die Ukraine im deutschen Informationsraum präsent ist», schrieb der 47-Jährige am Montag bei Facebook.

Für ihn sei es zudem wichtig, dass die Ukraine durch die Verleihung auf der Frankfurter Buchmesse im Oktober Gegenstand der Diskussion bleiben wird. «Wir fordern Waffen, doch verlangen wir auch die informationelle Unterstützung», betonte der aus dem umkämpften Luhansker Gebiet stammende Zhadan. Jede Unterstützung der ukrainischen Kultur würde zum ukrainischen Sieg gegen Russland beitragen. Sein Land müsse gewinnen, um die eigene Zukunft zu verteidigen.

Zhadan war bereits vor dem Krieg gegen die Ukraine ein auch in Deutschland bekannter Schriftsteller, sein Werk - zu dem Romane, Gedichte und Essays gehören - wurde in zahlreiche Sprachen übersetzt. Auf Deutsch erscheinen seine Bücher im Suhrkamp Verlag. Seine frühen Werke erzählen von der postsozialistischen Umbruchzeit, von Menschen, die versuchen, sich an vergessenen Orten zu behaupten. Seine jüngeren Veröffentlichungen setzen sich mit dem Krieg im Donbass auseinander. Zhadan steht für einen besonderen poetischen Erzählton, der auch seine Romane manchmal lyrisch wirken lässt. Zu seinen bekanntesten Büchern zählt «Die Erfindung des Jazz im Donbass» und «Mesopotamien».

Der Autor führe in eine Welt, die große Umbrüche erfahren habe und zugleich von der Tradition lebe, hieß es in der Begründung des Stiftungsrates am Montag. «Seine Texte erzählen, wie Krieg und Zerstörung in diese Welt einziehen und die Menschen erschüttern.» Dabei finde er eine eigene Sprache: «Nachdenklich und zuhörend, in poetischem und radikalem Ton» erkunde Zhadan, «wie die Menschen in der Ukraine trotz aller Gewalt versuchen, ein unabhängiges, von Frieden und Freiheit bestimmtes Leben zu führen».

Zhadan wurde am 23. August 1974 in Starobilsk im Gebiet Luhansk geboren. Er studierte in Charkiw Literaturwissenschaft, Ukrainistik sowie Germanistik und promovierte 1996. Seit Anfang der 1990er Jahre organisiert er Literatur- und Musikfestivals und veröffentlicht Romane, Gedichte, Erzählungen und Essays. Er engagiert sich mit sozialen und kulturellen Projekten in der Ostukraine. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar leiste er verstärkt humanitäre Hilfe, hieß es vom Börsenverein.

Seine Texte schreibt Zhadan auf Ukrainisch, übersetzt aber auch aus dem Deutschen, Englischen, Belarussischen und Russischen ins Ukrainische. Er verfasst Songtexte für verschiedene Rockbands und ist Sänger einer Band.

Der Friedenspreis ist mit 25 000 Euro dotiert. Geehrt werden Persönlichkeiten, die in Literatur, Wissenschaft oder Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen haben. Der Börsenverein vergibt die Auszeichnung seit 1950. Überreicht wird sie traditionell zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche. In diesem Jahr ist die Verleihung für den 23. Oktober geplant.

Im vergangenen Jahr war die simbabwische Autorin und Filmemacherin Tsitsi Dangarembga mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden.